Kamerunische Beerdigungen und ein Stimmungshoch

04. bis 10 September 2017

Montagmorgen machten wir uns gemeinsam mit Fr Francline, Brother Ruben, einem Seminaristen, der Fr Francline momentan für ein Jahr im Jugendzentrum unterstützt und von allen nur Bro genannt wird, und einem weiteren Pfarrer auf den Weg nach Shisong, um dort unsere erste kamerunische Beerdigung mitzuerleben. Eine Ordensschwester war gestorben, die allerdings keiner von uns kannte. Es ist hier nicht unüblich, dennoch auf die Beerdigung zu gehen, um der Gestorbenen letzten Respekt zu zollen und entsprechend voll war auch die Kirche.

Den Gottesdienst fand ich richtig schön (soweit man eine Beerdigung eben schön finden kann), sehr ruhig und besinnlich, aber gleichzeitig auch feierlich. Der Friedhof befindet sich direkt neben der Kirche und so ging es danach dorthin weiter. Hier ist es üblich, dass die Angehörigen der Verstorbenen die Erde auf dem Grab "festtanzen" - also auf dem Grab tanzen, um die Erde festzuklopfen. Als ich das zum ersten Mal gehört habe, klang es für mich sehr verrückt, und leider konnten wir es bei dieser Beerdigung auch nicht aus der Nähe betrachten, es hat aber sehr feierlich gewirkt.

bei der Beerdigung in Shisong
In dieser Woche war wieder Montag, Dienstag und Mittwoch Ghost Town und nachdem es am Montag einen Vorfall in der Nähe von Kumbo gab, sollten wir Dienstag und Mittwoch auch tatsächlich Zuhause bleiben und nicht auf die Straße gehen. Bislang möchte ich nicht über die politische Lage berichten, aber ihr könnt einfach mal nach Nachrichten darüber googlen (es gibt leider nur sehr wenige (vor allem aktuelle) auf deutsch). Behaltet bloß bitte im Hinterkopf, dass diese Artikel meist ziemlich verkürzt und einseitig sind; falls ihr irgendwelche Fragen habt, könnt ihr mir gerne schreiben.

Während ich bügelte startete Elli ein neues Küchenexperiment: Zimtschnecken aus der Pfanne

Sie haben großartig geschmeckt!
Gleich zum zweiten Mal in dieser Woche besuchte ich am Donnerstag schließlich erneut eine Beerdigung. Gestorben war ein Mitarbeiter der Diözese (ich glaube, er war für Finanzen zuständig), weshalb die Offices alle zur Beerdigung in der Kathedrale gingen. Nach dem Gottesdienst und der Beerdigung auf dem Friedhof nebenan, gab es noch etwas zu essen in der Cathedral Hall. Dabei habe ich mich persönlich allerdings ziemlich unwohl gefühlt, denn nachdem das Buffet eröffnet war, stürmten alle Leute darauf zu und ich blieb noch sitzen (wie allerdings auch die anderen Leute aus dem Justice & Peace Office), um mich nicht in das Gedränge zu stürzen. Außerdem hatte ich sowieso nicht sonderlich viel Hunger und fühlte mich komisch dabei, auf der Beerdigung von jemandem, den ich gar nicht kannte, zu essen. Als es sich etwas geleert hatte und die ersten von uns sich auch etwas holen wollten, kam ich mit und wurde auf dem Weg schon von allen Leuten gefragt, warum ich denn noch nichts zu essen hätte (nach dem Motto "es kann ja nicht sein, dass die einzige Weiße in dieser Halle nichts zu essen hat"). Beim Buffet angekommen, entdeckten wir jedoch, dass es kein Geschirr mehr gab und nach einigem hin und her bekam ich (ungewollt) einen bereits benutzten Teller und Löffel in die Hand gedrückt. Um mich nicht noch einmal blöden Fragen stellen zu müssen, nahm ich mir also nun damit etwas Fufu und Njama Njama, da ich dieses ohne Ausrede mit den Fingern essen konnte - einen Löffel, den schon jemand Fremdes benutzt hatte, wollte ich dann doch nicht verwenden.

Freitag hatte ich also meinen einzigen normalen Arbeitstag in dieser Woche, an dem ich leider wieder einmal nicht besonders viel machen konnte - ich gewöhne mich aber langsam daran und bin am Ende auch nicht mehr so frustriert deshalb. Freitagnachmittag trafen Elli und ich uns außerdem mit Cornelius, einem Freund unserer Vorgängerinnen und gingen gemeinsam in Shisong spazieren. Das war ein wirklich schönes Treffen, denn während sich die Gespräche mit den meisten Leuten hier leider doch nur auf Smalltalk-Ebene befinden und ich die Frage "How is Kumbo?" bald nicht mehr hören kann, begann er gleich mit uns über kontroverse Themen zu diskutieren, was echt spannend war. Leider wohnt er nicht dauerhaft in Kumbo, da er in Bamenda Psychologie und Kulturwissenschaft (zumindest schätze ich mal, dass er Kulturwissenschaft meinte, auf jeden Fall hat er erzählt, dass er sich mit verschiedenen Kulturen beschäftigt) studiert, aber wir werden uns bestimmt trotzdem noch ein paar Mal treffen.

Ausblick über Shisong - ein sehr grüner Stadtteil Kumbos
Außerdem habe ich am Freitag festgestellt, wie heimisch ich mich hier mittlerweile fühle. Die Straßen und Wege sind mir bekannt, ich weiß, wie ich ein Taxi oder ein Bike nehme und wo ich einkaufen kann. Als ich vom Bischofshügel, wo das Justice & Peace Office ist, zu Squares ging, bin ich Menschen begegnet, die ich kannte und mit denen ich mich kurz unterhalten konnte und ich habe das Gefühl, nicht mehr so viele "Whiteman"- oder "Kimbang"-Rufe zu hören (Kimbang ist Weißer auf Lamnso') - ob das jetzt daran liegt, dass ich sie besser ignorieren kann oder daran, dass man mir solangsam ansieht, dass ich nicht mehr ganz neu bin, kann ich nicht beurteilen.

Auch am Wochenende blieb mein Stimmungshoch erhalten und als Elli und ich uns am Samstag auf den Weg nach Mbve zum Einkaufen machten, beschlossen wir spontan, die Strecke vollständig zu laufen, statt ein Bike zu nehmen und nicht nur das schöne Wetter, sondern auch Kumbo als Stadt zu genießen - denn jedes Mal, wenn ich den Hügel, auf dem wir wohnen, hinuntergehe frage ich mich, wie ich eigentlich hier gelandet bin, in so einer schönen, von Hügeln durchzogenen Stadt. Es tut mir Leid, wenn ich Kumbo hier manchmal romantisiere, aber die Stadt ist einfach wunderschön und damit habe ich vorher so irgendwie nicht gerechnet.

Sonntagnachmittag besuchten wir gemeinsam mit Luise mal wieder die Sisters in Romajay (der Besuch war eigentlich schon länger geplant, aber irgendwie kam uns immer wieder etwas dazwischen...). Dort ist eine Woche zuvor auch gerade eine Sister aus Österreich neu angekommen, die sich sehr darüber gefreut hat, mit uns auf Deutsch sprechen zu können. Abends (bzw. Spätnachmittags, aber hier gilt das schon als Abend) waren wir außerdem endlich mal wieder Pizza essen bei Edwin gemeinsam mit Luise und Barry. Dabei haben wir von Barry ein paar kamerunische Kartenspiele gelernt und Edwin hat uns erzählt, dass er bald auch Käse für den normalen Verkauf produzieren möchte - wir sind schon sehr gespannt, ob da was draus wird, denn Käse ist hier sehr rar und teuer.

Pizza bei Edwin

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1 Kommentare

  1. Ich finde das immer spannend, von so völlig anderen Traditionen zu hören. Bei uns wäre auf jemandes Grab tanzen ja zB fast schon Grabschändung, während es dort üblich ist und etwas Positives.

    Schön zu hören, dass du dich in Kumbo so wohlfühlst :). Ich hoffe, dass die Unruhen (zumindest hat Google mir das ausgespuckt) bald vorbei sind oder zumindest nicht dich oder Menschen, die du kennst, betreffen!

    Liebe Grüße!

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