Von Schwierigkeiten bei der Arbeit und einer motivierten Jugendorganisation
- Oktober 23, 2017
- By Christina
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18. bis 24. September 2017
Wie ihr wohl
meinen bisherigen Blogposts entnehmen konntet, fühle ich mich in Kumbo
unglaublich wohl. Ich habe mich in die Stadt verliebt, neue Freunde
gefunden und fühle mich hier rundum Zuhause, nur mit einer Sache hatte
ich bislang noch meine Probleme: der Arbeit. An sich ist es zwar für
mich total spannend, was das Justice & Peace Office macht,
allerdings hatte ich oft das Gefühl, nur im Weg zu stehen, die Leute bei
ihrer Arbeit nur zu stören und allgemein fehl am Platz und nicht
besonders erwünscht zu sein. Obwohl mir am Anfang stets gesagt wurde,
ich solle unbedingt Fragen stellen, wusste ich nie so recht, wann ein
guter Zeitpunkt dafür war und wenn ich welche stellte, hatte ich oft das
Gefühl, keine richtige Antwort bekommen zu haben. Und da ich ja auch
hierhergekommen bin, um in manchen Punkten über mich hinauszuwachsen,
kam in dieser Woche der Punkt, an dem ich meine Probleme bei der Arbeit
ansprechen musste.
Dienstagnachmittag fand im Justice
& Peace Office ein Staff Meeting statt, zu dem ich das Protokoll
verfassen sollte. Während ich am Anfang noch ganz gut allem, was gesagt
wurde, folgen konnte, wurde es mit der Zeit immer schwieriger. Das lag
zum einen daran, dass Ereignisse, Fälle oder Ähnliches aus den letzten
Wochen besprochen wurden, von denen ich einfach keine Ahnung hatte, weil
ich ja noch nicht so lange hier bin, zum anderen aber auch daran, dass
ich mich mittlerweile zwar problemlos auf englisch unterhalten kann,
aber bei solchen Sachen dann doch immer noch ein paar Schwierigkeiten
habe, vor allem, wenn die Leute recht leise sprechen und/ oder nuscheln.
Während das Meeting also vor sich ging, wurde ich immer frustrierter,
weil ich immer weniger mit meinen Notizen hinterherkam und immer weniger
verstand. Dass ich gerade auch noch allgemein an einem Punkt war, an
dem ich mich im Office nicht besonders wohl gefühlt habe, führte dazu,
dass ich am Ende ziemlich frustriert und von mir selbst enttäuscht war -
dass ich ganz am Ende des Meetings auch noch gefragt wurde, wir es mir
bislang im Justice & Peace Office geht, machte die Sache auch ganz
und gar nicht besser, denn so vor allem Mitarbeitern (wir waren trotzdem
nur fünf Leute, aber immerhin), wollte ich dann doch nicht mein Herz
ausschütten.
Dass es so nicht weitergehen konnte, war
mir auch bewusst und es fiel mir schwer zu beurteilen, ob die Leute im
Office tatsächlich von mir genervt waren, weil ich irgendwelche
Erwartungen nicht erfüllte, ob sie tatsächlich unfreundlich zu mir
waren, weil meine Fragen nicht beantwortet wurden und ich so wenig zutun
hatte oder ob ich selbst mich als allgemein eher schüchterner und
unsicherer Mensch zu sehr zurückzog und nicht genügend Fragen stellte.
Wahrscheinlich war ein bisschen von allem der Fall.
Mittwochmorgen
sprach ich also mit Yvonne, erklärte ihr, weshalb ich mich gerade
unwohl fühlte und auch, dass mir das Fragen stellen einfach schwer fällt,
wenn ich keine gescheiten Antworten bekomme. Das Gespräch lief sehr gut
und seitdem nimmt sie sich wesentlich mehr Zeit dafür, mir die Fälle
der Leute, die kommen, zu erklären und meine Fragen zu beantworten. Und
ich bekomme auch eher bescheid gesagt, wenn ich irgendwo zuhören kann.
Am
Nachmittag sind wir mit dem Office außerdem nach Jakiri, ein Vorort von
Kumbo, gefahren, um dort einen der Fieldworkers, der gesundheitliche
Probleme hatte, zu besuchen. Die Arbeit der Justice & Peace
Commission verteilt sich im Prinzip auf zwei Bereiche: zum einen die
Arbeit im Office, wo alles koordiniert wird und auch größere Fälle
behandelt werden, zum anderen aber auch die Arbeit direkt in den
Dörfern, die von ehrenamtlichen Mediatoren und Beratern, den Fieldworkern,
geleistet wird. Auf dem Weg dorthin haben wir außerdem eine weitere
Fieldworkerin und die Tochter des Drivers, die gerade im Krankenhaus
lag, besucht. Ich finde es faszinierend, dass es hier üblich ist, bei
einer Krankheit von Arbeitskollegen oder gar den Arbeitskollegen der
Eltern besucht zu werden. Die Besuche sind aber auch immer mit einer
finanziellen Unterstützung, die das Office gegeben hat, verbunden
gewesen, da die Leute hier zumeist nicht ausreichend krankenversichert
und somit auf solche Unterstützungen angewiesen sind.
Nach
einem endlich mal schönen Arbeitstag, bei dem ich mich nun wesentlich
wohler gefühlt habe als zuvor, wollten Eli und ich Donnerstagnachmittag
Fr Oliver, der für unser Geld zuständig (aber auch ein ziemlich cooler
und netter Pfarrer) ist, beim Bischofshaus besuchen. Da Eli ihre Gitarre
dabeihatte, um am Vormittag mit den Kindern im Waisenhaus ein bisschen Musik machen
zu können, wir noch einige Zeit auf Fr Oliver warten mussten und die
Sister, die die Besucher am Bischofshaus empfing, begeistert von der
Gitarre war, ergab sich daraus, dass wir singend und Gitarre spielend im
Wartebereich saßen - für solche spontanen Aktionen liebe ich die
Kameruner. Währenddessen kam auch noch ein Brother, der eigentlich nur
etwas abholen wollte, aber sich auch gleich dazugesellte und ein
bisschen auf der Gitarre spielte.
Da in den beiden
anglophonen Regionen Kameruns (Nord-West, wo Kumbo liegt, und Süd-West)
die Rufe nach einer Unabhängigkeit dieses Landesteils immer lauter
werden, fand am Freitag in Kumbo ein "peaceful march for independence"
statt. Während Eli, die zum Waisenhaus immer durch die halbe Stadt nach
Shisong fahren muss, gesagt wurde, dass sie daher Zuhause bleiben
sollte, ging ich an diesem Freitag ganz normal zur Arbeit. Anscheinend
wurde die Hauptstraße durch Kumbo allerdings besonders an Squares wegen
dieses Marsches gesperrt, sodass die anderen Leute aus dem Office nicht
kommen konnten, weshalb auch mein Wochenende nach kurzem Warten und
Telefonieren schon früher begann als erwartet. Von dem Marsch bekamen
wir nur die Geräusche von der Straße gedämpft mit, später erfuhren wir
allerdings, das es leider wohl nicht so friedlich blieb, sondern in
Tobin (dem Verwaltungsbezirk) zum Einsatz von Tränengas und einer
Schießerei kam.
Samstagnachmittag besuchten Eli und ich
die Chorprobe vom Jugendchor der Kathedrale, zu der uns Ludovic, ein
Freund von Barry, eingeladen hatte. Als wir die Kathedrale betraten,
waren wir wirklich beeindruckt vom Chor, der unglaublich gut und
professionell singt. Dadurch, dass seit letztem November die Schulen
geschlossen waren, da die Lehrer streikten (seit ein paar Wochen haben
sie nun größtenteils wieder geöffnet), probt der Chor momentan nicht nur
ein bis zwei Mal pro Woche, sondern täglich, dadurch steigert sich
natürlich auch das Niveau.
Normalerweise besuchen wir
hier jeden Sonntag um 6:30 Uhr den Gottesdienst an Junction (einmal bei
uns den Hügel hinunter), an diesem Sonntag allerdings wurde mein
Weckerklingeln vom lauten Prasseln des Regens begleitet, weshalb Eli und
ich (ohne uns abzusprechen) beide beschlossen, den Wecker auszuschalten
und sich einfach nochmal im Bett umzudrehen - wenn es regnet, dann
erwartet uns ja auch keiner in der Kirche, da steht hier bekanntlich die
Welt still. Den verregneten Morgen verbrachten wir daher mit einem
ausgiebigen Frühstück und guten Büchern. Am Nachmittag, als sich der
Himmel auch wieder aufgeklart hatte, machten wir uns auf dem Weg zum
Treffen von Barrys neugegründeter Jugend-Umweltorganisation namens
KYDEP. Diese Abkürzung steht für Kumbo Youth Development and
Environmental Protection.
Wir waren um die zehn Leute
bei dem Treffen und es war für uns echt interessant, wie die
Jugendlichen hier ihre eigene Organisation aufbauen, da das total anders
ist, als wir es in Deutschland machen würden. Alles war sehr formell
geregelt und alle haben die ganze Sache auch wirklich ernst genommen,
ein Protokoll wurde verfasst und wenn jemand etwas zu sagen hatte, ist
er immer aufgestanden. Außerdem ist mir wieder einmal aufgefallen, wie
gerne die Leute hier richtige Reden halten, auch wenn sie eigentlich nur
eine kleine Anmerkung machen wollen - dadurch zieht sich so ein Treffen
dann natürlich aber auch immer ganz schön in die Länge. Neben der
Planung von Aktionen der Organisation (es wurde zum Beispiel
beschlossen, ein Stück Land in der Nähe von Junction zu besichtigen, das
eventuell bewirtschaftet werden kann), wurden auch Positionen wie ein
Präsident, ein Sekretär, ein Finanzsekretär und so weiter gewählt. Es ist echt faszinierend, wie motiviert die Jugendlichen alle sind und ich bin mal gespannt, wie es mit der Organisation weitergehen wird.
Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Da es hier in der letzten Zeit politische Unruhen gab (berichte ich in den nächsten Posts noch mehr von), wurde Anfang Oktober das Internet im anglophonen Teil Kameruns eigentlich abgestellt. Anscheinend gibt es aber ein paar (zeitliche und räumliche) Löcher, in denen es doch funktioniert, weshalb ich auch diesen Post verfassen kann. Insgesamt funktioniert das Internet aber momentan nur sporadisch, deshalb wundert euch nicht, wenn ihr mal nichts von mir hört.
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