Von Schwierigkeiten bei der Arbeit und einer motivierten Jugendorganisation

18. bis 24. September 2017

Wie ihr wohl meinen bisherigen Blogposts entnehmen konntet, fühle ich mich in Kumbo unglaublich wohl. Ich habe mich in die Stadt verliebt, neue Freunde gefunden und fühle mich hier rundum Zuhause, nur mit einer Sache hatte ich bislang noch meine Probleme: der Arbeit. An sich ist es zwar für mich total spannend, was das Justice & Peace Office macht, allerdings hatte ich oft das Gefühl, nur im Weg zu stehen, die Leute bei ihrer Arbeit nur zu stören und allgemein fehl am Platz und nicht besonders erwünscht zu sein. Obwohl mir am Anfang stets gesagt wurde, ich solle unbedingt Fragen stellen, wusste ich nie so recht, wann ein guter Zeitpunkt dafür war und wenn ich welche stellte, hatte ich oft das Gefühl, keine richtige Antwort bekommen zu haben. Und da ich ja auch hierhergekommen bin, um in manchen Punkten über mich hinauszuwachsen, kam in dieser Woche der Punkt, an dem ich meine Probleme bei der Arbeit ansprechen musste.

Dienstagnachmittag fand im Justice & Peace Office ein Staff Meeting statt, zu dem ich das Protokoll verfassen sollte. Während ich am Anfang noch ganz gut allem, was gesagt wurde, folgen konnte, wurde es mit der Zeit immer schwieriger. Das lag zum einen daran, dass Ereignisse, Fälle oder Ähnliches aus den letzten Wochen besprochen wurden, von denen ich einfach keine Ahnung hatte, weil ich ja noch nicht so lange hier bin, zum anderen aber auch daran, dass ich mich mittlerweile zwar problemlos auf englisch unterhalten kann, aber bei solchen Sachen dann doch immer noch ein paar Schwierigkeiten habe, vor allem, wenn die Leute recht leise sprechen und/ oder nuscheln. Während das Meeting also vor sich ging, wurde ich immer frustrierter, weil ich immer weniger mit meinen Notizen hinterherkam und immer weniger verstand. Dass ich gerade auch noch allgemein an einem Punkt war, an dem ich mich im Office nicht besonders wohl gefühlt habe, führte dazu, dass ich am Ende ziemlich frustriert und von mir selbst enttäuscht war - dass ich ganz am Ende des Meetings auch noch gefragt wurde, wir es mir bislang im Justice & Peace Office geht, machte die Sache auch ganz und gar nicht besser, denn so vor allem Mitarbeitern (wir waren trotzdem nur fünf Leute, aber immerhin), wollte ich dann doch nicht mein Herz ausschütten.

Dass es so nicht weitergehen konnte, war mir auch bewusst und es fiel mir schwer zu beurteilen, ob die Leute im Office tatsächlich von mir genervt waren, weil ich irgendwelche Erwartungen nicht erfüllte, ob sie tatsächlich unfreundlich zu mir waren, weil meine Fragen nicht beantwortet wurden und ich so wenig zutun hatte oder ob ich selbst mich als allgemein eher schüchterner und unsicherer Mensch zu sehr zurückzog und nicht genügend Fragen stellte. Wahrscheinlich war ein bisschen von allem der Fall.
Mittwochmorgen sprach ich also mit Yvonne, erklärte ihr, weshalb ich mich gerade unwohl fühlte und auch, dass mir das Fragen stellen einfach schwer fällt, wenn ich keine gescheiten Antworten bekomme. Das Gespräch lief sehr gut und seitdem nimmt sie sich wesentlich mehr Zeit dafür, mir die Fälle der Leute, die kommen, zu erklären und meine Fragen zu beantworten. Und ich bekomme auch eher bescheid gesagt, wenn ich irgendwo zuhören kann.

Am Nachmittag sind wir mit dem Office außerdem nach Jakiri, ein Vorort von Kumbo, gefahren, um dort einen der Fieldworkers, der gesundheitliche Probleme hatte, zu besuchen. Die Arbeit der Justice & Peace Commission verteilt sich im Prinzip auf zwei Bereiche: zum einen die Arbeit im Office, wo alles koordiniert wird und auch größere Fälle behandelt werden, zum anderen aber auch die Arbeit direkt in den Dörfern, die von ehrenamtlichen Mediatoren und Beratern, den Fieldworkern, geleistet wird. Auf dem Weg dorthin haben wir außerdem eine weitere Fieldworkerin und die Tochter des Drivers, die gerade im Krankenhaus lag, besucht. Ich finde es faszinierend, dass es hier üblich ist, bei einer Krankheit von Arbeitskollegen oder gar den Arbeitskollegen der Eltern besucht zu werden. Die Besuche sind aber auch immer mit einer finanziellen Unterstützung, die das Office gegeben hat, verbunden gewesen, da die Leute hier zumeist nicht ausreichend krankenversichert und somit auf solche Unterstützungen angewiesen sind.

Nach einem endlich mal schönen Arbeitstag, bei dem ich mich nun wesentlich wohler gefühlt habe als zuvor, wollten Eli und ich Donnerstagnachmittag Fr Oliver, der für unser Geld zuständig (aber auch ein ziemlich cooler und netter Pfarrer) ist, beim Bischofshaus besuchen. Da Eli ihre Gitarre dabeihatte, um am Vormittag mit den Kindern im Waisenhaus ein bisschen Musik machen zu können, wir noch einige Zeit auf Fr Oliver warten mussten und die Sister, die die Besucher am Bischofshaus empfing, begeistert von der Gitarre war, ergab sich daraus, dass wir singend und Gitarre spielend im Wartebereich saßen - für solche spontanen Aktionen liebe ich die Kameruner. Währenddessen kam auch noch ein Brother, der eigentlich nur etwas abholen wollte, aber sich auch gleich dazugesellte und ein bisschen auf der Gitarre spielte.

Da in den beiden anglophonen Regionen Kameruns (Nord-West, wo Kumbo liegt, und Süd-West) die Rufe nach einer Unabhängigkeit dieses Landesteils immer lauter werden, fand am Freitag in Kumbo ein "peaceful march for independence" statt. Während Eli, die zum Waisenhaus immer durch die halbe Stadt nach Shisong fahren muss, gesagt wurde, dass sie daher Zuhause bleiben sollte, ging ich an diesem Freitag ganz normal zur Arbeit. Anscheinend wurde die Hauptstraße durch Kumbo allerdings besonders an Squares wegen dieses Marsches gesperrt, sodass die anderen Leute aus dem Office nicht kommen konnten, weshalb auch mein Wochenende nach kurzem Warten und Telefonieren schon früher begann als erwartet. Von dem Marsch bekamen wir nur die Geräusche von der Straße gedämpft mit, später erfuhren wir allerdings, das es leider wohl nicht so friedlich blieb, sondern in Tobin (dem Verwaltungsbezirk) zum Einsatz von Tränengas und einer Schießerei kam.

Samstagnachmittag besuchten Eli und ich die Chorprobe vom Jugendchor der Kathedrale, zu der uns Ludovic, ein Freund von Barry, eingeladen hatte. Als wir die Kathedrale betraten, waren wir wirklich beeindruckt vom Chor, der unglaublich gut und professionell singt. Dadurch, dass seit letztem November die Schulen geschlossen waren, da die Lehrer streikten (seit ein paar Wochen haben sie nun größtenteils wieder geöffnet), probt der Chor momentan nicht nur ein bis zwei Mal pro Woche, sondern täglich, dadurch steigert sich natürlich auch das Niveau.

Normalerweise besuchen wir hier jeden Sonntag um 6:30 Uhr den Gottesdienst an Junction (einmal bei uns den Hügel hinunter), an diesem Sonntag allerdings wurde mein Weckerklingeln vom lauten Prasseln des Regens begleitet, weshalb Eli und ich (ohne uns abzusprechen) beide beschlossen, den Wecker auszuschalten und sich einfach nochmal im Bett umzudrehen - wenn es regnet, dann erwartet uns ja auch keiner in der Kirche, da steht hier bekanntlich die Welt still. Den verregneten Morgen verbrachten wir daher mit einem ausgiebigen Frühstück und guten Büchern. Am Nachmittag, als sich der Himmel auch wieder aufgeklart hatte, machten wir uns auf dem Weg zum Treffen von Barrys neugegründeter Jugend-Umweltorganisation namens KYDEP. Diese Abkürzung steht für Kumbo Youth Development and Environmental Protection.

Wir waren um die zehn Leute bei dem Treffen und es war für uns echt interessant, wie die Jugendlichen hier ihre eigene Organisation aufbauen, da das total anders ist, als wir es in Deutschland machen würden. Alles war sehr formell geregelt und alle haben die ganze Sache auch wirklich ernst genommen, ein Protokoll wurde verfasst und wenn jemand etwas zu sagen hatte, ist er immer aufgestanden. Außerdem ist mir wieder einmal aufgefallen, wie gerne die Leute hier richtige Reden halten, auch wenn sie eigentlich nur eine kleine Anmerkung machen wollen - dadurch zieht sich so ein Treffen dann natürlich aber auch immer ganz schön in die Länge. Neben der Planung von Aktionen der Organisation (es wurde zum Beispiel beschlossen, ein Stück Land in der Nähe von Junction zu besichtigen, das eventuell bewirtschaftet werden kann), wurden auch Positionen wie ein Präsident, ein Sekretär, ein Finanzsekretär und so weiter gewählt. Es ist echt faszinierend, wie motiviert die Jugendlichen alle sind und ich bin mal gespannt, wie es mit der Organisation weitergehen wird.

Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Da es hier in der letzten Zeit politische Unruhen gab (berichte ich in den nächsten Posts noch mehr von), wurde Anfang Oktober das Internet im anglophonen Teil Kameruns eigentlich abgestellt. Anscheinend gibt es aber ein paar (zeitliche und räumliche) Löcher, in denen es doch funktioniert, weshalb ich auch diesen Post verfassen kann. Insgesamt funktioniert das Internet aber momentan nur sporadisch, deshalb wundert euch nicht, wenn ihr mal nichts von mir hört.

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