Deutsch lehren, Pidgin lernen

16. bis 22. Oktober 2017

In dieser Woche hat unser nachmittäglicher Deutschunterricht für die beiden neuen Reverse-Freiwilligen (also die, die demnächst nach Deutschland kommen) Jenivause und Clarisse begonnen. Außerdem war ich mit dem Office viel unterwegs, habe fleißig Notizen für Reports gemacht und dabei angefangen, Pidgin wirklich zu verstehen.

Dienstagnachmittag fuhr ich mit dem Office nach Oku, das ist etwa ein bis zwei Stunden von Kumbo entfernt und noch weiter oben in den Bergen. Dort wollten wir den Bürgermeister und Divisional Officer treffen, um über Kollaborationen in den Bereichen Birth Certificates (Geburtsurkunde) und Human Trafficking (Menschenhandel) zu beraten. Beides gehört zu den Schwerpunkten der Arbeit der Justice & Peace Commission, denn viele Menschen besitzen keine Geburtsurkunde und wissen auch nicht, wie wichtig diese ist. Außerdem ist Menschenhandel leider ein weit verbreitetes Phänomen. Das Office plant ein Seminar für die Mitarbeiter der Health Center in Oku, um sie darin zu trainieren, die Menschen über Geburtsurkunden aufzuklären und so die Zahl an Geburtsurkunden zu steigern. Darüber hinaus soll in Oku ein klares Zeichen gegen Menschenhandel gesetzt werden, indem Unterschriften auf einem großen Schild gesammelt werden, das dann an prominenter Stelle aufgehängt wird. Die Fahrt war ein wenig abenteuerlich, denn die Straße, die nach Oku führt, ist wirklich schlecht, sodass das Auto einmal steckengeblieben ist. Erst nach einer halben Stunde und mit Hilfe von weiteren Leuten, die mit dem Bike vorbeifuhren und mitanpackten, schafften wir es, das Auto zu befreien und weiterzufahren.
der Übergang von Regen- zur Trockenzeit: ein kurz blühender Frühling
Am Nachmittag fand die erste Deutschstunde für Jenivause und Clarisse statt. Wir erzählten ihnen ein wenig von Deutschland und brachten ihnen erste Basics wie “Hallo”, “Wie geht’s dir?”, etc. bei, womit wir die nächsten zwei Wochen fortfuhren. Die beiden sollten jetzt also ganz gut für ihre Ankuft in Deutschland gewappnet sein, auch wenn natürlich noch immer viele Überraschungen auf sie warten, denn Deutschland und Kamerun sind wirklich zwei unterschiedliche Welten.

Nachdem Mittwoch und Donnerstag nicht viel passierte, fuhr ich am Freitag mit dem Office nach Nkar (ca. eine halbe Stunde von Kumbo entfernt). Im November findet normalerweise immer ein Annual Training der Justice and Peace Commission statt, bei dem die ehrenamtlichen Mitarbeiter, die Fieldworker, trainiert werden. In den letzten Jahren gab es immer zwei Trainings, jeweils eins in den beiden Verwaltungsbezirken, die das Bistum Kumbo einschliesst, doch da diese Trainings nicht besonders gut besucht waren, wurde dieses Jahr ein neues Konzept ausgetestet. Nun finden insgesamt sechs Trainings in den verschiedenen Kirchenkreisen statt. Das erste davon war also nun in Nkar und ich fuhr mit, um den Report schreiben zu können. Damit ihr einen Einblick in die Arbeit der Justice and Peace Commission und das Annual Training bekommen könnt, habe ich hier meinen Report über das Annual Training in Kumbo, das in der nächsten Woche stattfand, veröffentlicht.
beim Annual Training
Während am Freitag Basis-Themen wie die Geschichte, Struktur und Arbeit der Commission auf dem Programm standen, ging es am Samstag auch um Kollaboration und Kommunikation und den New Criminal Procedure Code Cameroon, der festlegt, wie vorgegangen werden muss, wenn jemand festgenommen wird. Da das gesamte Training in Pidgin stattfand, war ich am Anfang reichlich überfordert (denn meine Pidgin-Kenntnisse beschränkten sich doch eher auf ein Minimum), mittlerweile verstehe ich die Sprache aber recht gut.

beim Seminar gab es auch Übungen wie beispielsweise "Stille Post"
Pidgin ist eine Art Mix aus vereinfachtem Englisch und diversen kamerunischen und nigerianischen Dialekten. Wenn man es einmal verstanden hat, fällt auch auf, woher die Ausdrücke aus dem Englischen kommen, wenn nicht, versteht man auch mit guten Englischkenntnissen kaum ein Wort. Wenn jemand mit mir in Pidgin spricht, fühle ich mich manchmal wie bei “Willkommen bei den Schti’s” – nur in noch gesteigerter Form. So gab es bei mir im Office zum Beispiel schon die folgende Situation:

(an einem Dienstag)
Yvonne: So, the commission meeting will be tomorrow Sunday.
Ich: Tomorrow? I thought, it will be on Sunday.
Yvonne: Yesyes, tomorrow Sunday.
Ich: Tomorrow or Sunday?
Yvonne: It’s next Sunday.

Damit habe ich mittlerweile auch verstanden, dass das Wort “tomorrow” hier nicht nur für “morgen”, sondern auch für “nächsten” (also z. B. nächsten Sonntag) gebraucht wird. Außerdem wird häufig an Wörter oder Sätze ein “Oh” angehängt: “Good morning” ist dann also “Good morning oh”. Und Wörter werden oft verdoppelt, z. B. kaufe ich oft Bananen fuer “Twotwohundred”, also 200 frs. Was ich sehr witzig finde, sind Wortneuschöpfungen, die dadurch entstehen, denn statt “say” sagt man beispielsweise “talksay” (also eine Mischung aus “talk” und “say”), was dann wiederum so schnell ausgesprochen wird, dass es für mich wie “toxi” klingt. Ich habe echt lange gebraucht, bis ich dieses Wort verstanden habe…

Sonntagmorgen waren wir von Fr Francline zum Gottesdienst in Kikaikalaki eingeladen, da er an diesem Tag die Messe hielt. Der Gottesdienst war ganz auf die Jugend ausgerichtet, da es der Namenstag von Papst Johannes Paul II, dem Schutzpatron der Jugend, war. Daher sang auch der Jugendchor von Kikaikalaki, der zwar vielleicht nicht so professionell wie der aus der Kathedrale war, dafür aber echt gute Stimmung gemacht hat. Auch die Liederauswahl war toll, weil Eli und ich die meisten Lieder schon kannten. Der Gottesdienst dauerte insgesamt fast vier Stunden, weil Fr Francline offenbar gerne sehr lange predigt und allein die Kollekte bestimmt über eine Stunde gedauert hat. Die Zeit ist allerdings nahezu verflogen, weil der Gottesdienst wirklich schön war.

Am Nachmittag trafen wir uns mit anderen Freiwilligen in Mbve, um gemeinsam auf den Markt zu gehen. Das war ganz schön, aber in Zukunft gehe ich doch lieber allein oder nur mit Eli, denn mit einer Gruppe von sieben Deutschen fielen wir doch ganz schön auf, was nicht immer angenehm war. Danach kehrten wir noch auf eine Pizza bei Edwin ein und ließen die Woche gemütlich ausklingen.

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